Historie
Die Anfänge: Adolph Hess und seine Nachfolger
Am 1. Februar des Jahres 1871 erschien in Frankfurt am Main das erste Heft einer neuen münzkundlichen Publikation, die sogenannte `Autographierte Numismatische Correspondenz´. Herausgeber war der Numismatiker und Kaufmann Adolph Hess, der im Jahr zuvor in Gießen eine Münzhandlung eröffnet hatte, das Blatt war zugleich sein erster gedruckter Lagerkatalog. Am 5. Oktober siedelte Hess dann mit seinem Geschäft nach Frankfurt über, zuerst in die Höllgasse 6 am Dom, 1873 schließlich in die Bethmannstraße 6. Hier begann er mit der Veranstaltung öffentlicher Münzauktionen.
Hess war ein hervorragender Kenner und passionierter Sammler von Kleinkunstwerken, namentlich von Porträts aus der Zeit des frühen Barock bis in die Epoche des späten Biedermeier, und so stand der Betrieb einer Münzenhandlung in unmittelbarer Verbindung zu seinem `Steckenpferd´. Schon bald sorgte sein profundes Fachwissen ebenso wie seine weit reichenden Verbindungen in Sammlerkreisen für eine blühende Entwicklung des jungen Geschäftes. So wurden ihm in den siebziger und achtziger Jahren zahlreiche wichtige Sammlungen aus ganz Europa zur Versteigerung anvertraut, darunter etwa die berühmte Sammlung der Fürsten Montenuovo. Die Kataloge zu diesen Auktionen gelten noch heute als hervorragende Zitatwerke.
1894 verkaufte Hess sein mittlerweile in die Westendstraße 7 umgezogenes Geschäft an den Kaufmann Louis Hamburger und dessen späteren Schwiegersohn James Belmonte. Unter ihrer Führung gedieh die Münzhandlung Adolph Hess Nachfolger, wie die Firma fürderhin heißen sollte, zu einem der wichtigsten numismatischen Auktionshäuser in Deutschland am Beginn unseres Jahrhunderts. 1898 bezog das Geschäft die Räume in der Mainzer Landstraße 49, die bis ins Jahr 1940 der Firmensitz bleiben sollten. Hier wurden bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine ganze Reihe von bedeutenden Auktionen durchgeführt, etwa die Versteigerung der Doubletten aus der Münzensammlung der Eremitage zu Petersburg und vieler wichtiger Privatsammlungen. 1910 trat Dr. Hermann Feith als Partner in die Firma ein. Er sollte sie zusammen mit James Belmonte, der 1924 verstarb, durch den Krieg und die Jahre der Weltwirtschaftskrise führen. Sein Interesse galt vornehmlich den Münzen des klassischen Altertums, und ihm ist die führende Rolle zu verdanken, die das Haus Adolph Hess Nachfolger seit den zwanziger Jahren auf diesem Gebiet innehatte.
Gründung des Schwesterunternehmens
Im Jahre 1931 gründete Herrmann Feith, mittlerweile alleiniger Inhaber der Firma, in weitsichtiger Erkenntnis der politischen Entwicklung in Deutschland ein Schwesterunternehmen gleichen Namens im schweizerischen Luzern, wohin namentlich die Abteilungen für Münzen des Altertums und für Münzen des europäischen Auslandes ausgelagert wurden, und wohin sich der jüdische Teil der Belegschaft sofort nach der nationalsozialistischen Machtergreifung zurückziehen konnte. Das Stammhaus in Frankfurt verkaufte Feith sodann an den Leiter der Abteilung für deutsche Münzen des Mittelalters und der Neuzeit, Dr. Busso Peus, der dem Unternehmen bereits seit 1927 angehörte, sowie an den Buchhalter Paul Rothenbächer. Bei der Gelegenheit wurde die damals schon bedeutende Fachbibliothek der Firma Hess Nachfolger geteilt. Vor allem die Bücher zur Numismatik des Altertums, darunter viele seltene und wertvolle Originalausgaben, wanderten in die Schweiz. Erst mit dem Verkauf des Luzerner Schwesterunternehmens im Jahre 1989 sollte dieser Teil der Bibliothek zum Zwecke der Versteigerung nach Frankfurt zurückkehren. Mit der Leitung der Schweizer Firma betraute Feith seinen engen Mitarbeiter Hermann Rosenberg. Dieser sollte zunächst Miteigentümer und später Alleininhaber des Luzerner Unternehmens werden. Dr. Hermann Feith selbst begab sich nach New York und setzte den Handel mit antiken Münzen von seiner privaten Suite im Waldorf-Astoria Hotel aus fort. Einige Jahre später kam er dort bei einem tragischen Unfall ums Leben.
Bis 1940 konnten Dr. Busso Peus und Paul Rothenbächer die alte Frankfurter Firma unter ihrem angestammten Namen weiterführen. Dann erzwang ein nationalsozialistisches Gesetz, mit dem jüdische Firmennamen in Deutschland verboten wurden, die Namensänderung des Geschäftes in Dr. Busso Peus & Co. Zugleich musste die Firma in die Schubertstraße 1 umziehen. Die geschäftlichen Aktivitäten konnten noch bis in das Jahr 1943 fortgesetzt werden, aber dann wurden beide Inhaber eingezogen. Paul Rothenbächer fiel in den letzten Kriegstagen, und so führte Dr. Busso Peus die Firma nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft und der Währungsreform allein weiter. Sitz des Geschäftes wurde ab 1956 sein Haus in der Neuhauß-Straße 13. Schnell gelang es dem hervorragenden Numismatiker in den fünfziger und sechziger Jahren, an die große Vorkriegstradition seiner Firma anzuschließen. Mit seinen Katalogen für die Versteigerung der Sammlungen von Ernst Lejeune und Prof. Dr. Alfred Noss erarbeitete er neue wichtige Zitierwerke.
Die Entwicklung zum international bedeutenden Münzhaus
1967 zog sich Dr. Busso Peus aus dem Geschäftsleben zurück und verkaufte die Firma an zwei junge Numismatiker, Dieter Raab und Peter N. Schulten. Das Geschäft führt seither den Namen Dr. Busso Peus Nachfolger. 1970 erfolgte der Umzug von der Neuhauß-Straße in die jetzigen Räume am Bornwiesenweg 34. 1973 verließ Peter N. Schulten die Firma.
Von 1973 bis 2006 ist Dieter Raab alleiniger Inhaber des Hauses Peus Nachfolger gewesen. Er ist damit derjenige unter den wechselnden Eigentümern der Firma, der das Haus am längsten persönlich geleitet hat. Unter seiner Geschäftsführung konnte die Firma in beinahe vierzig Jahren nicht nur ihre Stellung als bedeutendes Haus auf dem deutschen Münzmarkt wahren, sondern sie erlangte auch auf den internationalen Märkten ein immer stärkeres Gewicht. So ist Dr. Busso Peus Nachfolger heute nicht nur eines der ältesten noch existierenden numismatischen Auktionshäuser in Europa, sondern auch eine der anerkanntermaßen führenden Münzenhandlungen der Welt. Zahlreiche namhafte Fachleute und Experten haben hier in den vergangenen Jahrzehnten gearbeitet und zu der weithin gerühmten wissenschaftlichen Qualität der Peus-Kataloge beigetragen. Zur Seite stand ihnen dabei eine seit dem Jahr 1870 akribisch geführte Kartei über das Vorkommen seltener Münzen und Medaillen im Handel sowie die wohl beste private Fachbibliothek auf der Welt. Einzelne Kataloge des Hauses Peus Nachfolger, wie etwa der zur Sammlung von deutschen Münzen des Mittelalters aus dem Besitz des Dr. Friedrich Bonhoff, haben den Charakter von Handbüchern erlangt, und viele andere wichtige Fachpublikationen sind in den Räumen und mit den Hilfsmitteln dieser Firma entstanden.
Gegenwart und Zukunft
Nach dem Fall der Berliner Mauer im Jahre 1989 und der deutschen Wiedervereinigung erhielt das Haus den Auftrag, die Bestände an Münzen und Geldscheinen der ehemaligen DDR sowie an seit der Zeit des letzten Krieges gehorteten und mittlerweile anspruchsfreien Aktien und Wertpapieren aus dem Besitz der früheren Reichsbank zugunsten der Kreditanstalt für Wiederaufbau bzw. des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen zu verwerten. Die Veräußerung der DDR-Münzen im Wege von insgesamt zwölf Versteigerungen wurde im Jahre 2000 abgeschlossen, die Auflösung und Versteigerung des riesigen Bestandes an historischen Wertpapieren erfolgte bis 2009.
Seit Anfang des Jahres 2007 hat Dieter Raab Inhaberschaft und Führung des Unternehmens in die Hände seines Sohnes Christoph gelegt. Dieser führt die Firma eingedenk ihrer großen, einhundertfünfzigjährigen Tradition im Dienst der Sammler und der numismatischen Forschung in die Zukunft.